Die Bundesregierung nimmt Abstand von Plänen, eigene Spionagedrohnen für die NATO anzuschaffen. Das schreibt das Verteidigungsministerium in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zur deutschen Beteiligung am NATO-Programm „Alliance Ground Surveillance“ (AGS). Demnach werden keine Planungen mehr verfolgt, „eigene hochfliegende Drohnen der High-Altitude-Long-Endurance-Klasse der NATO beizustellen“.
Im Rahmen der AGS stationiert die NATO fünf GLOBAL HAWK auf dem italienischen Luftwaffenstützpunkt Sigonella in Sizilien. Die Drohnen stammen vom US-Hersteller Northrop Grumman und befördern optische und radarbasierte Überwachungstechnik („Imagery Intelligence“ – IMINT). Zu der „bildgebenden Aufklärung“ gehört ein hochauflösendes Radar zur Bodenbeobachtung, das nach Medienberichten über eine Reichweite von mindestens 200 Kilometern verfügt. Das Drohnenprogramm untersteht dem NATO-Kommando zur Führung europäischer Luftstreitkräfte in Ramstein.
Fast ein Viertel des Personals aus Deutschland
Über das rund 1,5 Milliarden Euro teure AGS hatten sich die NATO-Mitgliedstaaten auf ihrem Gipfel 2012 in Chicago verständigt. Die zwei größten Beitragszahler sind die USA (41,7 Prozent) und Deutschland (33,26 Prozent, das entspricht 483 Millionen Euro). Insgesamt soll das AGS rund 600 SoldatInnen und ziviles Personal umfassen, fast ein Viertel davon stammt aus Deutschland. Die Luftwaffe stellt außerdem 14 DrohnenpilotInnen für die GLOBAL HAWK.
Die Pläne, zusätzlich zu den fünf GLOBAL HAWK bis zu vier eigene IMINT-Drohnen und die benötigten Bodenstationen beisteuern zu wollen, hatte das Verteidigungsministerium ebenfalls 2012 bekannt gemacht. Dabei sollte es sich wie beim AGS um hochfliegende Drohnen handeln. Das Verteidigungsministerium traf 2015 sogar „planerische Vorsorge“ für das Projekt im Bundeshaushalt, für den Zeitraum von 2019 bis 2024 waren zunächst 566 Millionen Euro reserviert.
Auf ein bestimmtes Modell wollte sich das Verteidigungsministerium damals noch nicht festlegen. Zum Zeitpunkt der Überlegungen hatte die Bundeswehr geplant, im Projekt EURO HAWK mehrere hochfliegende Drohnen zur signalerfassenden Aufklärung mit einem Abhörmodul auszustatten. Das Luftfahrzeug stammte vom gleichen Hersteller wie die GLOBAL HAWK, in den USA befördert das Modell auch IMINT-Technik. Seit dem Scheitern des Vorhabens EURO HAWK verfolgt das Verteidigungsministerium die europäische Entwicklung einer EURODROHNE, die ebenfalls mit optischer Sensorik ausgerüstet werden kann.
Einsatzbereitschaft bald erreicht
Die Stationierung eigener GLOBAL HAWK hatte das Verteidigungsministerium vor acht Jahren auf „frühestens ab 2023“ datiert. Bis 2019 hätte der Generalinspekteur der Bundeswehr eine Entscheidung über das Modell treffen sollen. Eine endgültige Entscheidung war für den Zeitpunkt anvisiert, nachdem die Einsatzbereitschaft des NATO-AGS in Sigonella hergestellt ist. Dieser Zeitpunkt ist bald erreicht. Vor sechs Wochen ist die letzte der fünf GLOBAL HAWK in Sigonella eingetroffen, die Luftfahrzeuge absolvieren derzeit Testflüge.
Laut dem Verteidigungsministerium dürfen NATO-Drohnen einen Korridor durch den deutschen Luftraum benutzen, der für die US-Drohnen eingerichtet wurde. Auch die Luftwaffe der Vereinigten Staaten hat zwei GLOBAL HAWK in Sigonella stationiert. Sie fliegen im Rahmen der „European Deterrence Initiative“, die von der NATO nach der Krimkrise 2014 begonnen wurde. Einsätze erfolgen über der Ostsee, über Polen und der Ukraine, um von dort Aktivitäten auf russischem Hoheitsgebiet zu beobachten. Inzwischen fliegen die GLOBAL HAWK vorwiegend in einem Luftkorridor, der über Bulgarien zum Schwarzen Meer führt.
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